US-Zolldrohungen verschärfen Europas wirtschaftliche Probleme

Beobachter sind der Meinung, dass der Schritt der USA europäischen Schlüsselindustrien schweren Schaden zufügen, die Märkte durcheinanderbringen, das Vertrauen der Unternehmen und die Investitionen schwächen und die Schwierigkeiten Europas hinsichtlich des Wirtschaftswachstums weiter verschärfen wird.

Die Lage der Stahl- und Automobilindustrie verschlechtert sich

Beobachter wiesen darauf hin, dass die US-Drohung von Zöllen die ohnehin angeschlagene Wirtschaft vieler europäischer Länder noch schlimmer gemacht habe. Wichtige Industriezweige wie die Stahl- und Automobilindustrie seien am härtesten betroffen.

Die von den USA verhängten 25-prozentigen Stahl- und Aluminiumzölle werden die europäischen Produktexporte erheblich beeinträchtigen und zu einer weiteren Verschlechterung der Lage in der europäischen Stahlindustrie führen. Daten des Verbands der Europäischen Stahlindustrie zeigen, dass die Vereinigten Staaten der zweitgrößte Exportmarkt für EU-Stahlproduzenten sind und die EU-Exporte in die Vereinigten Staaten im Jahr 2024 etwa 16 % der gesamten Stahlexporte der EU ausmachen.

Henrik Adam, Präsident des Europäischen Stahlverbands, sagte, dass die EU aufgrund der US-Zölle jedes Jahr bis zu 3,7 Millionen Tonnen Stahlexporte in die USA verlieren werde und der Großteil dieser Menge nicht durch EU-Exporte in andere Märkte ausgeglichen werden könne. Er sagte unverblümt: „Dies wird verheerende Auswirkungen auf die europäische Stahlindustrie haben.“

Auch die europäische Automobilindustrie steht vor einer großen Herausforderung. Sobald die USA Zölle in Höhe von rund 25 Prozent auf importierte Autos erheben, wird die Wettbewerbsfähigkeit europäischer Autos auf dem US-Markt deutlich abnehmen, was die langfristige Entwicklung und Transformation der gesamten Branche gefährdet. Eine Analyse der internationalen Ratingagentur Moody’s wies darauf hin, dass etwa die Hälfte der in den USA verkauften Autos europäischer Marken in Form von Importen auf den US-Markt gelangt. Unter ihnen werden europäische Automarken mit hohem Importanteil und Verkäufen in den USA, wie etwa Volkswagen aus Deutschland und Volvo aus Schweden, empfindlicher auf Zölle reagieren.

Deutschland ist das EU-Land mit dem höchsten Automobilexportvolumen in die USA. Der Verband der Automobilindustrie lehnt die geplanten Zollmaßnahmen der US-Regierung entschieden ab. Der Verband wies darauf hin, dass die Einführung höherer Zölle auf EU-Autos sowohl den Interessen Europas als auch der USA schaden würde, und dass ein Isolationismus nur zu einer Situation führen würde, in der beide Seiten verlieren. Globale Handelskonflikte bergen große Risiken für die Weltwirtschaft. Die Auswirkungen der Zölle auf die Automobilindustrie werden sich auf die gesamte Industriekette ausweiten und zu größeren Belastungen für Unternehmen und Verbraucher führen.

Erhöhte Unsicherheit an den Finanzmärkten und bei Investitionen

Die Auswirkungen der US-Zollmaßnahmen auf die europäische Wirtschaft beschränken sich nicht nur auf den Handel, sondern werden auch zu größeren Schwankungen an den europäischen Aktien- und Devisenmärkten führen. In jüngster Zeit erreichten Nachrichten über US-Zölle mehrfach den europäischen Markt. Am 3. Februar, dem ersten Handelstag, nachdem Trump zusätzliche Zölle auf Importprodukte aus Kanada, Mexiko und anderen Ländern angekündigt hatte, schwankten die europäischen Autoaktien stark, und der Euro Stoxx 600 Index, der die Wertentwicklung europäischer Aktien misst, verzeichnete seinen stärksten Tagesverlust seit 2025. Am 10. Februar, nachdem Trump 25-prozentige Zölle auf sämtliche Stahl- und Aluminiumimporte aus den USA angekündigt hatte, fielen die Aktienkurse verwandter europäischer Branchen.

Naim Aslam, Chief Investment Officer von Zaye Capital Markets in Großbritannien, wies darauf hin, dass die europäische Wirtschaft stark mit der US-Handelspolitik korreliert. Der Wandel in der Handelspolitik habe die Zweifel der Anleger an den Zukunftsaussichten verstärkt, was der Hauptgrund für den Rückgang der europäischen Aktienindizes sei.

Auf dem Devisenmarkt hat die Einführung von Zollmaßnahmen zu einer erhöhten Risikoaversion und höheren Inflationserwartungen geführt, was den US-Dollar gestärkt und den Euro geschwächt hat. Analysten wiesen darauf hin, dass die Abwertung des Euro gegenüber dem US-Dollar zwar kurzfristig zu einem Exportanstieg führen könne, die hohen US-Zölle es jedoch schwierig machen könnten, die durch die Euro-Abwertung bedingten Handelsvorteile zum Tragen zu bringen.

Gleichzeitig muss Europa Rohstoffe und Halbfertigprodukte wie Energie zu höheren, in US-Dollar ausgedrückten Preisen importieren, was zu steigendem Inflationsdruck im Euroraum führt und die Unternehmensproduktion sowie die Lebenshaltungskosten der Bevölkerung in die Höhe treibt.

Darüber hinaus veröffentlichte die UBS einen Artikel, in dem es heißt, dass die Unsicherheit hinsichtlich der Zölle eine größere Gefahr für Investitionen und Wachstum darstelle als die Zölle selbst. Sollte die Weltwirtschaft in Schwierigkeiten geraten, dürfte nicht der Handel darunter leiden, sondern das Unternehmervertrauen. Das britische Oxford Economics Institute ist davon überzeugt, dass die Verschärfung der Handelskonflikte zwischen Europa und den USA Auswirkungen auf europäische Investitionen haben wird. Die Agentur prognostiziert, dass das Niveau der privaten Investitionen im Euroraum bis Ende 2027 aufgrund von Handelskonflikten um fast zwei Prozentpunkte sinken werde.

Europas Wirtschaftswachstumsaussichten düster

Viele Europäer befürchten, dass die US-Zollpolitik einige Unternehmen dazu bewegen könnte, ihre Produktion vom europäischen Festland in die USA zu verlagern, was die Abwanderung wichtiger europäischer Industrien noch verstärken würde. Die Europäische Zentralbank warnte in einem kürzlich veröffentlichten Wirtschaftsbulletin, dass globale Handelskonflikte und regulatorische Hürden das Wirtschaftswachstum in der Eurozone zunehmend bremsen würden und dass neue Zollpolitiken die Wirtschafts- und Handelsentwicklung vor Herausforderungen stellten.

Um mit den Auswirkungen der Zölle klarzukommen, erwägen einige europäische Unternehmen nach eigenen Angaben eine Ausweitung ihrer Investitionen in den USA. Laut Reuters plant der französische Reifenhersteller Michelin, seine Investitionen in den USA zu beschleunigen, und auch der französische Luxusgigant LVMH ist bereit, seine Produktion in den USA auszuweiten. Einige Analysten wiesen darauf hin, dass die Zölle in der Automobilindustrie die deutschen Autohersteller Porsche und Audi dazu veranlassen würden, Fabriken in den USA zu errichten.

Der Handelskommissar der Europäischen Kommission, Valdis Dombrovskis, erklärte kürzlich auf einer Pressekonferenz der Eurogruppe, dass die durch die US-Handelspolitik verursachte Unsicherheit erheblich zugenommen habe und sich negativ auf die globalen Wirtschaftsteilnehmer, darunter auch die EU, auswirke.

Seiner Ansicht nach hat die Unsicherheit hinsichtlich der US-Politik einerseits die Investitionen eingeschränkt und die Aussichten auf externe Impulse für die EU-Wirtschaft getrübt. Andererseits sind vor diesem Hintergrund die Energiepreise wieder gestiegen, was die Aussichten auf eine wirtschaftliche Erholung Europas trübt. Außerdem wird erwartet, dass das Wirtschaftswachstum der EU niedriger ausfallen wird als in der Herbstprognose angegeben.

„Ein bevorstehender neuer Handelskrieg könnte die Wirtschaft der Eurozone von einem langsamen Wachstum in eine Rezession stürzen, und das europäische Wirtschaftswachstum dürfte auch 2025 und 2026 schleppend bleiben.“ Der ING-Ökonom Ruben de Wit und die leitende Ökonomin Inga Fechner sagten in einem auf der offiziellen Website der ING veröffentlichten Artikel, dass Protektionismus im Allgemeinen nicht förderlich für die wirtschaftliche Entwicklung sei, insbesondere für exportorientierte Volkswirtschaften. Schon bevor Zölle in Kraft treten, kann die mit einer protektionistischen Handelspolitik verbundene Unsicherheit die Marktstimmung belasten.

„Die Auswirkungen von Trumps zweiter Amtszeit auf die europäische Wirtschaft könnten gravierender sein als die seiner ersten Amtszeit“, hieß es in dem Artikel.